Zu den Kitaschließungen im Kreis Gütersloh

Nur 10 Tage nach Beginn des eingeschränkten Regelbetriebes wurden im Kreis Gütersloh die Kinderbetreuungsangebote bereits wieder geschlossen. Nachdem bei einem Fleischverarbeiter über 650 neue Corona-Infektionen festgestellt wurden, gehen Schulen und Kindertageseinrichtungen bis zu den Sommerferien erneut in die Notbetreuung.

Der Landeselternbeirat NRW (LEB) kritisiert diese Maßnahmen im Kreis Gütersloh scharf. Diese sind sachlich unbegründet und gehen klar zu Lasten der Familien und insbesondere zu Lasten der Kinder. Mehrfach hatte der LEB in der Vergangenheit in seinen Stellungnahmen den geringschätzenden Umgang der Politik mit Kindern und ihren Eltern in der Corona-Krise kritisiert.1 Kindertageseinrichtungen (Kleinkinder) werden pauschal unter Generalverdacht gestellt.

12 Wochen musste ein Großteil der Kinder in NRW warten, bis sie wieder in die Betreuung durften, um dort von frühkindlicher Förderung und dem Kontakt zu Gleichaltrigen zu profitieren. Erst nach fast 3 Monaten konnten Eltern zumindest größtenteils wieder ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen.

Schon Mitte April wiesen mehrere Studien z.B. aus Island und China darauf hin, dass Kinder offenbar weniger am Infektionsgeschehen des Corona-Virus beteiligt sind als Erwachsene. Auch erste Ergebnisse einer Studie der Universitätskliniken Heidelberg, Tübingen, Freiburg und Ulm stimmen positiv. Demnach spielen Kinder bis 10 Jahre eine untergeordnete Rolle in der Übertragung des Virus.

„Umso unverständlicher, dass beim derzeitigen Wissensstand bei einem Infektionsausbruch in einer Fleischfabrik als Sofort-Maßnahme die Kitas und Schulen geschlossen werden“ meint Jürgen Zimmermann, Vorstandsmitglied des LEB. „Dass der Landrat am heutigen Tage behauptet, es handele sich um eine Maßnahme, welche einen kompletten Shutdown vermeiden soll, erscheint uns nur wenig plausibel.“ Nach §28 IfSG sollte Voraussetzung von Kita-Schließungen der entsprechende Nachweis sein, dass Kinder als Kranke, Krankheits- oder Ansteckungsverdächtige feststehen. 2 Hier wird jedoch die gesamte Gruppe der wehrlosen Kinder scheinbar entgegen der wissenschaftlichen Mehrheitsmeinung unter diskriminierenden Generalverdacht gestellt.

Erst Anfang dieser Woche wurde in den Medien berichtet, dass Kinder sich seltener als ihre im gleichen Haushalt lebenden Eltern infizierten und selbst beim Kontakt unter Kindern in der Notbetreuung keine häufigere Infektion von Kindern nachgewiesen werden konnte.3

Irina Prüm aus dem LEB-Beirat ist fassungslos: „Diese grundlegende Geringschätzung der Bedürfnisse von Kindern und ihren Eltern macht mich wütend. Bei Schulen und Kitas handelt es sich um Bildungseinrichtungen und Bildung gehört zu den Grundrechten. Gerade die letzten Monate haben gezeigt, was passiert, wenn man die Einrichtungen für Kinder ersatzlos schließt. Ungleichheiten bei Bildung und Förderung verschärfen sich, schwierige Familienverhältnisse werden noch schwieriger und letztendlich werden Kinder durch diese Erlasse unangemessen höher belastet als notwendig.“

Der LEB fordert, dass entsprechend den Vorgaben des RKI gehandelt wird: die pauschale Schließung aller Kindertageseinrichtungen ist zurückzunehmen. Die Unterbrechung der Infektionsketten ist durch die Nachverfolgung der Kontaktpersonen sicherzustellen. Sollten Eltern oder Kinder positiv auf das Virus getestet werden, sind genau diese Personen und ihre direkten Kontaktpersonen in Quarantäne zu schicken und schnellstmöglich zu testen. Alle anderen Kinder sollten unter Anwendung der bestehenden Vorgaben zu Gruppengröße und Hygieneregeln Zugang zu frühkindlicher und schulischer Bildung in Kitas oder Schulen erhalten.

Bereits Mitte Mai hatte der LEB befürchtet, dass bei steigenden Infektionszahlen zunächst Einrichtungen für Kinder geschlossen werden, bevor andere Maßnahmen zur Eindämmung geprüft werden. Genau dieses Szenario ist nun im Kreis Gütersloh eingetreten.

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